CD - Renzension - Ch. Graupner "Ein Weihnachtsoratorium"

Graupner: Ein Weihnachtsoratorium

Christoph Graupner: Kantaten zur Advents- und Weihnachtszeit
Mannheimer Hofkapelle
Ex Tempore
Florian Heyerick begin_of_the_skype_highlighting     end_of_the_skype_highlighting

Vorgestellt von Jan Ritterstaedt

Kurzzeitig waren sie so etwas wie Konkurrenten: der eher altbackene Johann Sebastian Bach und der etwas fortschrittlichere Christoph Graupner. Als nämlich 1722 ein neuer Thomaskantor in Leipzig gesucht wurde, da bewarben sich beide Musiker um diese Stelle. Bach hat sie nur bekommen, weil Graupner weiter am Hof in Darmstadt Dienst schieben musste - übrigens seit der erfolglosen Bewerbung mit deutlich mehr Gehalt. So blieb Graupner auch bis zu seinem Lebensende im Süden von Hessen und komponierte dort unter anderem die erstaunliche Anzahl von etwa 1.400 Kantaten. Massenware, könnte man vermuten. Eine neue CD beim Label Ricercar versucht aber das Gegenteil zu beweisen. Und ihr Titel ist zugleich eine kleine Kampfansage an ein berühmtes Werk seines ehemaligen Konkurrenten.

Eine homogene klangliche Einheit

"Ein Weihnachtsoratorium" steht auf dem Cover. Der Titel müsste eigentlich korrekt "Eine Art Weihnachtsoratorium" heißen, denn kein abendfüllendes Werk ist auf den zwei CDs enthalten, vielmehr eine Sammlung von neun einzelnen Kantaten, die den Zeitraum vom ersten Advent bis zum Dreikönigsfest abdecken. Gejauchzt werden darf aber trotzdem: Im Eingangssatz zur Kantate für den ersten Weihnachtstag stellt Graupner dem Chor Hörner und Pauken zur Seite.

Graupner zelebriert mit seinen vier Pauken allerdings keinen barocken Prunk, sondern macht damit Kammermusik. In einem famosen Duett freuen sich die Sopranistin Amaryllis Dieltiens und der Tenor Lothar Blum auf die Ankunft Christi. Kunstvoll hat der Komponist beide Stimmen ineinander gewoben, die beiden Solisten harmonieren sehr gut miteinander, bilden eine homogene klangliche Einheit. Mit quirligen Holzbläser-Einwürfen und dezenten Paukenwirbeln werden sie dabei unterstützt von den Instrumentalisten der Mannheimer Hofkapelle unter Leitung von Florian Heyerick begin_of_the_skype_highlighting     end_of_the_skype_highlighting.

Fantasievolle Choralbearbeitungen

Trotz der frohen Botschaft des Weihnachtsfests verzichtet Graupner nicht auf die kontemplativen Momente in Form von betrachtenden Arien. Da er an seinem Hof in Darmstadt vor allem Soprane und Baritone zur Verfügung hatte, komponierte er auch fast ausschließlich für diese Stimmlagen. Stefan Geyer beschwört in seiner Arie die Wahrheit des Glaubens am Zweiten Weihnachtstag. Seine Stimme wirkt fest und entschlossen, dennoch weich und elegant im Ausdruck.

Graupners Kantaten für die Weihnachtszeit folgen vom Aufbau her zwar einem ähnlichen Muster, sind aber was die Ensemblebesetzung und den Ausdruck angeht völlig unterschiedlich. Oft stehen einzelne Holzbläser dem Gesang mit einer eigenen Solostimme zur Seite - ganz ähnlich wie bei Johann Sebastian Bach. Mit dem Thomaskantor teilt Graupner auch eine Vorliebe für fantasievolle Choralbearbeitungen. Der jederzeit geschlossen und ausdrucksvoll singende Chor Ex Tempore stimmt in der Kantate zum zweiten Advent einen Choral an, den auch Bach sehr geschätzt hat.

Leidenschaftlicher, virtuoser Einsatz

Bach gegen Graupner auszuspielen kann und soll nicht Sinn dieser CD sein. Beide haben ihren ganz eigenen unverwechselbaren Stil, das wird beim Hören von Graupners Weihnachtskantaten sehr schnell deutlich. Der exzellente Chor Ex Tempore, die sehr präsente Mannheimer Hofkapelle und die gut disponierten Solisten unter Leitung von Florian Heyerick begin_of_the_skype_highlighting     end_of_the_skype_highlighting haben mit dieser Aufnahme eine Lanze für die Kirchenmusik des Darmstädter Hofkapellmeisters gebrochen. Ihr leidenschaftlicher und bisweilen auch virtuoser Einsatz hat sich gelohnt!


zum Audiobeitrag (4:33 min)

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